Lesedauer: 12 min
by Roland Späht | 22.06.2018
ISG-Syndrom: Blockade des Iliosakralgelenks
Falsch bewegt? Plötzlicher stark einschießender Schmerz in die Hüfte und den unteren Rücken. Womöglich ist das Iliosakralgelenk betroffen. Dies ist sehr unangenehm und macht einen im ersten Moment nahezu bewegungsunfähig. Dieses Gelenk verbindet die Beckenschaufeln mit der Wirbelsäule. Bei einer Blockade oder einem Verschleiß des Gelenkes kommt es zu Nervenreizungen, die Schmerzen verursachen können die bis in den Rücken strahlen.
Was ist ein ISG-Syndrom?
Und was hat es mit Rückenschmerzen zu tun? Die Iliosakralgelenke (ISG) oder Kreuz-Darmbeingelenke verbinden die Beckenschaufeln (Os ilium) mit der unteren Wirbelsäule, dem sogenannten Kreuzbein (Os sacrum).
Das Iliosakralgelenk ist nur wenig beweglich und von einem starken Bandappart gesichert. Durch den sehr engen Gelenkspalt lässt es lediglich eine leichte Bewegung nach vorne und hinten zu. Bereitet nun dieses Schmerzen spricht man von einem ISG-Syndrom.
Am häufigsten verursacht eine ISG-Blockade, durch das Verkanten der beiden Gelenkflächen einen starken stechenden Schmerz. Dieser verläuft dann über den unteren Rücken und der Rückseite des Oberschenkels bis in das Knie.
Symptome und Ursachen
Bei einem ISG-Syndrom bleibt es häufig nicht nur bei lokalen Schmerzen am Gelenk selbst. Die Nozirezeptoren werden im Kreuz-Darmbeingelenk bei Blockaden oder Erkrankungen besonders aktiv. Diese Schmerzrezeptoren leiten dann die Schmerzsignale über das Rückenmark an das Gehirn weiter. Schließlich kommt es dann häufig zu ausstrahlenden Schmerzen.
Leitsymptome sind starker, stechender Schmerz im Iliosakralgelenk
- bei Drehbewegungen und beim Beugen
- durch längeres Sitzen in einer bestimmten Position
- beim Gehen
teilweise strahlt der Schmerz über den unteren Rücken über den Oberschenkel bis in das Knie und ähnelt dann sogar einem Bandscheibenvorfall.
- Muskelverspannungen
- Schonhaltung (leichte Neigung des Rumpfes zu einer Seite)
Manche Patienten klagen, als Begleitsymptom, auch über Schmerzen im Unterbauch und der Leiste welche durch einen verspannten Lenden-Darmbeinmuskel hervorgerufen werden. In manchen Fällen kommt es zur Bildung von Triggerpunkten.
Wie bereits erwähnt ist die häufigste Ursache eine Blockade des Kreuz-Darmbeingelenks (Iliosakralgelenk). Diese entsteht durch ungewöhnlich starke Zug- und Druckbelastungen auf die umgebenden Bänder. Dabei verkanten die Gelenkflächen und die freie Beweglichkeit des Gelenkes wird blockiert. Als Reaktion verspannt die Muskulatur und die Nerven werden irritiert.
Fehlbelastungen, Übergewicht oder schweres Heben sind Risikofaktoren, die einen solchen Zustand begünstigen. Darüber hinaus können Unfälle oder Stürze eine Blockade auslösen. Längeres Sitzen im Schneidersitz kann Schmerzen im Kreuz-Darmbeingelenk provozieren.
Weitere Gründe können eine Arthritis oder andere degenerative Erkrankungen wie Morbus Bechterew sein. Diese führen zu Entzündungen somit zu Reizungen der Schmerzrezeptoren was wiederum Schmerzen verursacht.
Eine weitere häufige Ursache sind hormonelle Umstellungen in der Schwangerschaft, die zu einer Lockerung des Bandapparates führen. Die Muskulatur muss nun die fehlende Stabilität ausgleichen was zu Verspannungen führen kann und schmerzt.
Das Becken ist von vielen Muskeln umgeben die den Rumpf stabilisieren und beweglich machen. Eine weitere Möglichkeit die zu ISG-Schmerzen führen kann sind Muskeln und Faszien, die sich über die Jahre durch langes Sitzen verkürzen. Speziell der Lenden-Darmbeinmuskel und die entgegenwirkende rückseitige Beckenmuskulatur führt zu Spannungen die Druck auf das Gelenk ausüben. Das Gehirn generiert nun Schmerzen als Schutzsignal um Schäden am Iliosakralgelenk zu vermeiden.
Diagnose
Zu Beginn der Diagnose steht die Erfassung der Krankheitsgeschichte (Anamnese) des Patienten. Im Vordergrund stehen Fragen rund um den den Schmerze wie
- Lokalisation,
- Ausbreitung,
- Art (brennend, stechend)
- Dauer
Darüber hinaus sind Informationen bzgl. Vorerkrankungen oder familiäre Erkrankungen wichtig um andere Erkrankungen auszuschließen.
In Abhängigkeit der genannten Beschwerden folgt eine körperliche Untersuchung bei der der behandelnde Arzt diverse Tests durchführt.
- Der Patrick-Test liefert Hinweise bei Schmerzen oder eingeschränkter Beweglichkeit ob das Iliosakralgelenk betroffen ist. Dabei wird das Bein angewinkelt und durch den behandelnden Arzt unter Fixierung der Hüfte seitlich nach unten gedrückt. Dieser Test erfolgt dann beidseitig.
- Prüfung des Mennell-Zeichens:
Der Test kann einen Aufschluss darüber geben ob Entzündungen oder Blockaden im Iliosakralgelenk vorhanden sind. Dabei legt sich der Patient auf den Bauch. Der Untersuchende drückt auf den unteren Rücken (Fixation des (Kreuz-Darmbeingelenkes) und hebt ein Bein im gestreckten Zustand an. Falls ein stechender Schmerz eintritt ist dies ein Hinweis auf eine Entzündung. - Um einen Wirbelbruch auszuschließen werden die Dornfortsätze abgeklopft. Entstehen dabei Schmerzen kann ein ISG-Syndrom ausgeschlossen werden.
- Das sogenannte Vorlaufphänomen ist ein Anzeichen für eine Blockade.
Eine Blutuntersuchung ist ungewöhnlich, sollte aber gerade bei chronischen Schmerzen aus differenzialdiagnostischen Gründen durchgeführt werden. Es sollte ausgeschlossen werden das eine Erkrankung wie Morbus Bechterew vorliegt. Einen deutlichen Hinweis darauf liefert das Vorhandensein des Antigens HLA-B27.
Folgende Erkrankungen sollten ebenfalls ausgeschlossen werden:
- Nervenkompression aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder eine Spinalkanalstenose
- Knochentumore oder Infektionen (Spondylitis)
- Knochenbrüche oder Hüftgelenkarthrosen
Therapie
Auch bei einem ISG-Syndrom ist die multimodale Therapie am erfolgversprechendsten. Besonders Bewegung und spezielle physiotherapeutische Übungen sind, trotz Beschwerden, sehr wichtig um ein ISG-Syndrom erfolgreich zu behandeln.
Eine weitere Möglichkeit stellt die Manualtherapie dar, welche nur von speziell ausgebildeten Ärzten oder Physiotherapeuten durchgeführt werden darf. Mittels einer Mobilisation oder durch Manipulation können hier Gelenkblockaden gelöst werden.
Es ist ebenfalls möglich ISG-Blockaden zu Hause durch spezielle Übungen selbst zu lösen. Auf eine korrekte Durchführung ist zu achten und sollte vorher mit dem behandelnden Therapeuten geübt werden.
Eine Wärmetherapie hilft die Muskulatur zu entspannen, Wärmepflaster, Wärmflaschen oder Infrarotlampen sind dafür geeignet. Diese sind besonders in der Schwangerschaft eine völlig risikofreie Behandlungsform.
Eine schnelle Schmerzlinderung ist durch eine Infiltrationstherapie möglich. Dabei wird ein Lokalanästhetikum direkt in den Bandapparat oder Gelenkspalt gespritzt. Bei einer Injektion zwischen die Gelenkflächen sollte unterstützend eine Computertomografie oder Bildwandler verwendet werden. Um zusätzlich evtl. vorhandene Entzündungen zu behandeln können sogenannten Glukokortikoide lokal gespritzt werden.
Die Einnahme von sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac helfen ebenfalls die Schmerzen zu lindern und wirken entzündungshemmend.
Als hilfreich um das Iliosakralgelenk zu entlasten haben sich Kinesiotapes erwiesen. Im unteren Video ist meiner Meinung nach sehr gut beschreiben, wie das Tape anzubringen ist.
Weitere alternative Behandlungsmethoden zur Behandlung der Muskelverspannungen sind:
Die Akupressur hat sich ebenfalls als effektiv in der Behandlung von Verspannungen erwiesen. Dies kann beqeum und einfach von zu Hause aus erfolgen und das täglich. Die Anwendung einer Akupressurmatte oder von Gitterpflastern kann schnell erlernt werden und bietet eine echte Alternative gegenüber dem Gang zum Therapeuten.
All diese Anwendungen helfen evtl. aufgetretene muskuläre Blockaden zu lösen und das in eine "Schieflage" geratene Iliosakralgelenk wieder in seine ursprüngliche Position wandern zu lassen.
Die vielfältigen Wirkungsweisen von Heilkräuter und Heilpflanzen kommen ebenfalls als Behandlungsmethode bei einem ISG-Syndrom in Frage. Folgendes kann empfohlen werden:
- Arnika
- Teufelskralle
- Rosskastanie
- Beinweil
Den Einsatz von ätherischen Ölen für eine Aromatherapie oder wirken entspannend, belebend und schmerzlindernd.
Schüssler Salze allgemein und im speziellen das Schüssler Salz Nr. 7 - Magnesium Phosphoricum wirkt schmerzlindernd und entspannend. Es ist darauf zu achten, dass eine Übersäuerung im Körper nicht vorhanden ist, da dies zu einer Demineralisierung der Knochensubstanz führen kann. Um dem entgegen zu wirken sollte zusätzlich das Schüssler Salz Nr. 9 Natrium Phosphoricum eingenommen werden.
Wer während der Einnahme sicher gehen will, dass der pH-Wert im Körper nicht fällt kann dies mittels Urinproben selbst ermitteln. In der Apotheke gibt es dafür Teststreifen. Es ist allerdings darauf zu achten, dass man den Wert über mehrer Tage zur gleichen Uhrzeit feststellen sollte, da dieser nach Tageszeit und Trinkmenge schwankt.
Wichtig!
Bewegung und
Entspannungsübungen mit progressiver Muskelentspannung können helfen die Verspannungen zu lindern.
Akupressuranwendungen mit einer Akupressurmatte und/oder Gitterpflastern lindern Schmerzen tragen ebenfalls zu einer Entspannung der Muskulatur bei.
Zusammenfassung und Prognose
Die Iliosakralgelenke (ISG) oder Kreuz-Darmbeingelenke verbinden die Beckenschaufeln (Os ilium) mit der unteren Wirbelsäule, dem sogenannten Kreuzbein (Os sacrum). Der häufigste Grund für ein ISG-Syndrom ist eine Blockade des Gelenks. Damit gehen häufig Muskelverspannungen und irritierte Nerven einher.
Dies führt zu Schmerzen direkt am Gelenk selbst aber auch zu ausstrahlenden Schmerzen bis in die Knie. Risikofaktoren sind Übergewicht, schweres Heben sowie dauerhafte Fehlhaltungen.
Falls Erkrankungen wie
- eine Nervenkompression aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder eine Spinalkanalstenose,
- Knochentumore oder Infektionen (Spondylitis),
- Knochenbrüche oder Hüftgelenkarthrosen und
- Morbus Bechterew
ausgeschlossen werden können, sind Therapien wie
- spezielle physiotherapeutische Übungen,
- Mobilisation oder Manipulation,
- Wärmetherapie,
- Schmerzmittel,
- Akupunktur,
- Triggerpunktmassage,
- Anwendung einer Akupressurmatte
- Akupressur mittels Gitterpflaster
anwendbare Maßnahmen.
Die Dauer eines ISG-Syndroms ist sehr individuell und nur schwer zu prognostizieren. Es ist stark davon abhängig wie gut die gewählten Behandlungsmethoden greifen und ob Risikofaktoren vorhanden sind. Meist lässt sich ein aufgetretenes ISG-Syndrom gut behandeln. Nur selten kommt es zu einer Chronifizierung, die dann aber über Monate oder gar Jahre anhalten kann.
© Sebastian Kaulitziki – stock.adobe.com
© underdogstudios - stock.adobe.com
© 7activestudio - stock.adobe.com
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/rueckenschmerzen.pdf?__blob=publicationFile
https://www.netdoktor.de/krankheiten/isg-syndrom/
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Kreuzschmerzen-Wenn-es-am-Iliosakralgelenk-liegt,iliosakralgelenk100.html
https://www.dr-gumpert.de/html/isg_blockade_loesen.html
https://krank.de/anatomie/kreuzbein/