Wirbelsäulenverkrümmung – Skoliose

  Lesedauer: 13 min

by Roland Späht | 28.04.2018


Skoliose: Entsteht während des Wachstums

Oftmals wird eine Skoliose nur zufällig entdeckt, weil die meisten Betroffenen keine körperlichen Einschränkungen haben. Das häufigste Symptom bei einer Wirbelsäulenverkrümmung ist eine verspannte Muskulatur. Die Ursache für eine Wirbelsäulenverkrümmung kann nur in den seltensten Fällen ermittelt werden jedoch weiß man, dass sie im Wachstum entsteht. Zum größten Teil sind dabei Frauen betroffen. 


Was ist eine Skoliose?

Die Skoliose beschreibt eine seitliche Verkrümmung sowie eine Verdrehung der Wirbelsäule, die nicht mehr durch die Muskulatur ausgeglichen werden kann. Ca. 2% der Frauen und 0,5% der Männer sind betroffen, bei lediglich 10% ist wirklich eine Behandlung notwendig. 

Dabei unterscheidet man zwischen idiopathischer und symptomatischer Skoliose. Ca. 85% sind idiopathisch, das heißt sie sind auf keine Ursache zurückzuführen. Die Skoliose kann bereits im Säuglingsalter bis zum Abschluss des Wachstums auftreten, dabei sind Mädchen 3,5-mal häufiger betroffen als Jungen. Eine häufige Ursache der idiopathischen Erscheinungsform sind Wachstumsschübe in Verbindung mit Fehlhaltungen

Die übrigen 15% der Fälle haben eine Symptomatik und können durch div. Erkrankungen wie Wirbelsäulenfehlbildungen oder Muskelschwäche verursacht werden.

Die Krümmung der Wirbelsäule ist dann meist im Bereich der Brustwirbelsäule und mit einem nach rechts ausgeprägten Bogen (Rückenansicht). Die Verdrehung erfolgt dann im Uhrzeigersinn in Richtung Brustkorb. Andere Formen der Skoliose sind im Übergang von der Brustwirbelsäule hin zum Lendenwirbelbereich und in der Lendenwirbelsäule selbst lokalisiert. Zusätzlich haben etwa 10% eine S-förmige Erscheinung.


Verlauf und Prognose

Die Wirbelsäule wächst von der Geburt bis zum Wachstumsabschluss im Bereich des 1. Brustwirbels bis zum Kreuzbein (Aufbau des Rückens) um ca. 25 cm. Je nach Zeitpunkt (Alter) des Auftretens einer Skoliose ist der Verlauf und somit die Schwere der Skoliose unterschiedlich. 

Die idiopathische Form einer Skoliose ist stark vom Restwachstum abhängig. Je früher eine Krümmung der Wirbelsäule entsteht, desto stärker ist die Ausprägung.

Die Schwere des Verlaufs einer Skoliose ist stark vom Restwachstum abhängig

Einteilung des Wachstums:

  • In den ersten 5 Lebensjahren um 10 cm,
  • zwischen den 5 - 10 Lebensjahren um 5 cm und
  • 10 cm bis zum Abschluss des Wachstums.

Tritt nun eine Skoliose bereits im Alter von 0 - 5 Jahren auf ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Krümmung im Laufe der Jahre stark verschlimmert.

Ohne Therapie kann es dann aufgrund von Einschränkungen in den Bereichen der Lunge und des Herzens zu einer verminderten Lebenserwartung kommen Eine solche Behandlung sollte dann auch in spezialisierten Zentren stattfinden.

Tritt die Wirbelsäulenverkrümmung im Alter zwischen 5 - 10 Jahren auf ist die Wahrscheinlichkeit einer Verschlimmerung deutlich reduziert. Nach dem 10. Lebensjahr sinkt das Risiko erneut. Hier muss von Fall zu Fall unterschieden werden ob eine Behandlung notwendig ist.


Symptome

In den meisten Fällen treten bei einer Skoliose keine oder nur leichte Symptome auf. Jedoch kann es in Abhängigkeit der Ausprägung (Cobb-Winkel) und einer Nicht-Behandlung im Laufe der Zeit, ab dem 30. Lebensjahr, zu Beschwerden kommen.

Leitsymptome

Im Allgemeinen haben Kinder selten Beschwerden, meist treten diese erst ab dem 30. Lebensjahr auf. Die nachfolgend aufgelisteten Symptome sind nach Ausprägung der Skoliose aufgelistet:

  • Muskelverspannungen
  • evtl. auftretende Schmerzen unterhalb der Krümmung
  • Reizung von Sehnen und Muskeln an den Ansätzen
  • Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule
  • Bewegungseinschränkung
  • Ausstrahlende Schmerzen in Schultern, Nacken und Kopf
  • im schlimmsten Fall treten Lähmungserscheinungen aufgrund einer Radikulopathie oder im spezielleren einer Ischialgie auf
  • Osteochrondose
  • Rippenbuckel (Auswölbung des Brustkorbes am Rücken wenn sich der Patient bückt)
  • Funktionseinschränkungen des Herzens und der Lunge
  • Spinalkanalstenose
Leitsymptome

Ein generelles Symptom ist die Haltung (Schiefstand der Hüfte und Schultern, geneigter Kopf). Dies kann kosmetisch als belastend empfunden werden, was gerade bei Kindern zu psychosozialen Problemen führen kann. Eine Verschlimmerung des allgemeinen Schmerzzustandes wäre die Folgen (Stress und Ängste).

Symptom Muskelverspannung
Die Rückenmuskulatur versucht die Wirbelsäulenverkrümmung bei einer Skoliose auszugleichen. Somit entsteht eine Überlastung was zu Verhärtungen führen kann.

Eine Skoliose kann Muskelverspannungen im Rücken hervorrufen

Das Symptom der Muskelverspannung stellt bei einer Skoliose das größte Problem dar.

Warum ist das so?
Die Rückenmuskulatur versucht die "Schieflage" der Wirbelsäule ständig auszugleichen. Sie arbeitet quasi dauerhaft gegen diese Verformung. In den meisten Fällen tritt eine dauerhafte Überbeanspruchung der Muskulatur auf.

Speziell bei Betroffenen, die keinen Sport oder spezielles Training treiben ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Verhärtungen der Muskeln auftreten.

Zudem sind manche Muskelpartien dauerhaft verkürzt, wenn dies nicht durch Dehnungsübungen ausgeglichen wird. Diese Dysbalancen beanspruchen die entgegenwirkenden Muskeln noch mehr und die Beanspruchung steigt weiter an.

Neben starken Muskelverhärtungen können sich auch sogenannte, schmerzhafte Myogelosen (Triggerpunkte) bilden, die bei einer Nicht-Behandlung chronische Schmerzzustände auslösen.

Wie Du Verspannungen in den Griff bekommst liest du hier.


Ursachen

Wie bereits weiter oben erwähnt sind bei etwa 85% der auftretenden Skoliosen die Ursachen unbekannt. Bei den übrigen 15% können Ursachen ermittelt werden, darüber hinaus gibt es weitere Vermutung, die wissenschaftlich noch nicht erwiesen sind.

Wissenschaftlich erwiesene Ursachen sind:

Weitere Gründe, die wissenschaftlich noch nicht erwiesen sind:

  • hormonelle Einflüsse während des Wachstums in der Pubertät,
  • genetische Veranlagung,
  • einseitige Belastungen,
  • Hyperkyphose oder Flachrücken,
  • unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeiten bauchseitig gegenüber der Rückenpartie.
  • muskuläres Ungleichgewicht in der Lendenmuskulatur.

Diagnose & Therapie

Im Normalfall verursacht eine Skoliose keine Schmerzen was das Erkennen erschwert, meist fällt eine Krümmung der Wirbelsäule nur zufällig auf. Zu sehen ist eine Skoliose durch in der Höhe unterschiedlich stehende Schultern und einer asymmetrischen Taille.

Bei der Untersuchung ist darauf zu achten ob Beinlängenunterschiede vorhanden sind, diese sind dann auszugleichen um eine exakte Diagnose stellen zu können. 

Die Rotation des Rumpfes ist ebenfalls ein Anzeichen für eine Skoliose.

Messung der Rumpfrotation mittels Skoliometer anhand der Bunell-Skala

Der Vorneigetest gehört zu den wichtigsten Untersuchungen und prüft die Verdrehung der Wirbelsäule. Dabei wird ein Skoliometer verwendet um die Rumpfroation zu messen. Zusätzlich werden auch die Hüftgelenke untersucht um eine Beckenkippung zu erkennen.

Bei auftretenden Schmerzen, hohe Härte der Krümmung und neurologischen Auffälligkeiten sind weitere Untersuchungen nötig. Es ist möglich, dass weitere Erkrankungen wie Morbus Bechterew oder Druck auf die Rückenmarksnerven ausgeübt wird.

Um nun die Krümmung anhand des Cobb-Winkels zu ermitteln sind Röntgenaufnahmen notwendig. Dabei sollte der Betroffene möglichst an ein spezialisiertes Zentrum oder in ein Krankenhaus überwiesen werden.

Bevor geröntgt wird ist darauf zu achten, dass ein Beinlängenunterschied ausgeglichen wird. Die Aufnahme der Wirbelsäule sollte von hinten und seitlich erfolgen um einen Fehler im Cobb-Winkel weitgehend auszuschließen, da dieser die Art und Weise der Therapie festlegt.


Therapie

Die Therapie ist stark vom Alter und der Schwere der Skoliose abhängig. Es stehen konservative Behandlungen wie Physiotherapie, Korsett aber auch operative Methoden zur Verfügung.

Abhängig vom Cobb-Winkel wird entschieden ob eine konservative Behandlung wie Physiotherapie oder Korsett ausreichend ist. In schweren Fällen ist eine Operation erforderlich.

Der Cobb-Winkel ist ausschlaggebend für die Schwere der Skoliose und der daraus resultierenden Behandlung

Bei vorhandenem Restwachstum sind folgende Vorgehensweisen sinnvoll:

  • Cobb-Winkel > 20°:
    Physiotherapie und Eigenübungen
  • Cobb-Winkel 20° - 40°:
    Physiotherapie, Eigenübungen und Korsett
  • Cobb-Winkel 40° - 45°:
    Operative Therapie

Bei Erwachsenen (ab dem 30. Lebensjahr) werden folgende Behandlungsmethoden vorgeschlagen:

  • Bis 10° Cobb-Winkel:
    meist keine Behandlung notwendig
  • 10° - 20° Cobb-Winkel:
    Physiotherapie
  • ab 20° -45° Cobb-Winkel:
    Physiotherapie und Orthese (Korsett)
  • ab 45° Cobb-Winkel:
    Operative Therapie

Konservative & operative Therapie
Ein Cheneau-Korsett wird meist bei einem Restwachstum eingesetzt um ein Fortschreiten der Skoliose zu verhindern.

Das Ceneau-Korsett wird individuell hergestellt und verhindert ein Fortschreiten der Skoliose

Physiotherapie:
Ziel ist die Verbesserung der Haltung und die Kräftigung der Muskulatur.
2x pro Woche Krankengymnastik (30 - 40 min) und tägliche Eigenübungen (30 - 40min) nach Katharina Schroth.

Korsettbehandlung (Cheneau-Korsett): 
Ziel ist das Fortschreiten der Krümmung zu verhindern, deren Korrektur und diese möglichst lange aufrecht zu erhalten.

Durch die Fixierung am Becken, Abstützung im Achselbereich auf der konkaven Bogenseite der Krümmung und die Korrektur des Krümmung auf der Konvexseite.

Ergänzend nimmt diese Orthese die Verdrehung aus der Wirbelsäule. Die Tragezeit sollte ca. 23h Stunden pro Tag betragen und nur zum Sport und zur Körperpflege abgenommen werden.

Dauerhaft ist jedoch eine Begradigung der Wirbelsäule auch durch ein Korsett nicht möglich, es kann lediglich verhindert werden, dass die Ausprägung stärker wird.

Bekämpfung von Muskelverspannungen

Wie bereits erwähnt sind Muskelverspannungen bei einer Skoliose mit dem Meisten zu kämpfen haben. Eine erfolgreiche Behandlung ist bei den meisten Betroffenen schon der Schlüssel zum Erfolg. Neben der Physiotherapie und Bewegung helfen alternative Behandlungsmethoden wie die Akupressur.

Neben dem Gang zum Therapeuten wirken Hilfsmittel wie eine Akupressurmatte und Gitterpflaster. Der große Vorteil darin liegt, dass man es selbst tun kann und das zu Hause. Die Methode der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson ist ein bewährtes Verfahren zur Lockerung der Muskulatur und zur Stressreduktion. Sie ist leicht zu erlernen und führt mit ein wenig Übung innerhalb von wenigen Minuten in einen tiefenentspannten Zustand.

Häufig kommt es bei einer Skoliose zu Verhärtungen im Bereich der Nacken- und Halsmuskulatur, welche wiederum zu Kopfschmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Ein orthopädisches Schlafkissen kann hier Abhilfe schaffen. Besonders wichtig ist eine ausreichende Stützkraft um den Kopf über die ganze Nacht hinweg in einer ergonomisches Position zu halten.

Gerade bei einer Wirbelsäulenverkrümmung sind Triggerpunkte nicht selten. Diese krampfartigen Knötchen in der Muskulatur sind nicht nur schmerzhaft sondern können auch viele andere Symptome hervorrufen. Die Behandlung erfolgt über spezielle Massagetechniken und Dehnübungen.

Wichtig!

Etwa 85% der diagnostizierten Skoliosen sind auf keine Ursache zurückzuführen und entstehen während des Wachstums. Die Therapie ist abhängig von der Ausprägung und wird durch den Cobb-Winkel bestimmt.


Hierfür stehen konservative (Physiotherapie, Korsett) oder operative (Spondylodese) Behandlungen zur Verfügung.
Dabei können muskelentspannende Maßnahmen unterstützen, da gerade bei einer Skoliose die Rückenmuskeln stark beansprucht werden.


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